Königin der Nacht


… samstag nacht… und wieder steigt diese innere unruhe in mir hoch, wieder gehe ich in meinem zimmer auf und ab… das wochenende will nicht enden…

…also, das gleiche spiel wie jeden samstag: ich gehe ins bad, lege meine jeans und meinen pullover neben dem waschbecken auf das kleine weisse schränkchen, meine socken und unterwäsche in den wäschekorb. die dusche braucht wieder einmal ewig, bis eine angenehme temperatur erreicht ist. das haus ist alt, aber die lage ist wunderschön: direkt an einem park! warmes wasser auf der haut ist ein herrliches gefühl, es erinnert an eintausend zärtliche umarmungen… und dabei würde mir von zeit zu zeit schon eine einzige reichen… naja, schnell noch die haare gewaschen und dann husch ins schlafzimmer…

der kleiderschrank ist das tor zu einem neuen ich. ein langer schwarzer samtrock aus glänzendem satin, die bluse mit den weiten ärmeln… noch das mieder drüber geschnürt und schon kann die verwandlung im badezimmer fortgesetzt werden…
blasse grundierung, das schwarz-violette make-up… jeder handgriff routiniert und vertraut… die schwarzen locken eingedreht und mit schwarzem schleifenband befestigt, eine halbe flasche haarlack…VOIL?!!!

die königin der nacht schnürt sich nur noch schnell die stiefel und legt sich das lange schwarze cape um, und schon ist sie startklar!

mit wenigen schritten gleite ich die drei etagen im treppenhaus hinab, reisse die haustür auf und… endlich… ich bekomme wieder luft! ich breite die arme aus und atme die nacht ein, tiefe züge…

so… und jetzt… in den park, meine alt vertraute runde drehen, vielleicht treffe ich jemanden, den ich kenne…

die pforte am parkrand hätte mal wieder einen anstrich nötig… die bank an der weggabelung hinter dem spielplatz auch… kann ich zwar von hier aus nicht sehen, weiss ich aber… weiss ich schon seit wochen und monaten… egal, weiter…

der weg führt jetzt am see vorbei. am anderen ufer sitzen jugendliche zu einem trinkgelage zusammen. sie hören musik, ab und zu lacht einer zu laut… hoffentlich sehen sie mich nicht… hoffentlich st?ren sie mich nicht…

in einigen schritten entfernung liegt ein stück weg vor mir, das nicht beleuchtet ist…aber das ist in ordnung, schliesslich kenne ich die strecke blind, hunderte male bin ich sie in den letzten monaten gegangen… das licht der anderen laternen im park reicht nicht bis dorthin, die böschung ist zu hoch und dicht, und mit jedem schritt wird es dunkler um mich herum, bis ich meine umgebung nur noch schemenhaft wahrnehmen kann… da, ein rascheln… was ist das… oh… nur ein vogel… hat sich wohl erschreckt… sorry, wollte ich nicht… ich will gerade einen schritt hinter dem verängstigten tier her machen, als mich etwas am umhang zurück hält… hab mich wohl im gestrüpp verhakt… ich drehe mich um, und noch ehe ich reagieren kann, trifft mich eine faust im gesicht… dröhnend betäubender schmerz durchf?hrt meinen schädel, ich taumele rückwärts, aber nicht weit…

eine hand ergreift meinen oberarm und zerrt mich in richtung geb?sch… benommen, bleibt mirnur, zu folgen, stolpernd, verwirrt… im mondlicht erkenne ich langsam eine gestalt am anderen ende des armes, kurz bevor ich zu boden geworfen werde… die gestalt kniet sich auf meinen brustkorb, ich bekomme fast keine luft mehr… ich sp?re warmen atem an meinem ohr… eine m?nnerstimme warnt mich fl?sternd, fast hypnotisierend, nicht zu schreien… die warnung wird durch etwas kaltes, metallisches an meinem hals sehr wirksam unterstrichen, was sich langsam schneident in meine haut dr?ckt…

nein, ich werde nicht schreien… wie auch… ich bekomme ja kaum luft!!!

der mann reisst mir den rock hoch und den string herunter… er legt sich auf mich… mit einer hand an meinem hals und in der anderen noch immer das messer… seine knie drücken meine beine auseinander und ohne jede vorwarnung dringt er in mich ein… ein gefühl, als würde es mir den unterleib zerreissen durchfährt mich und lässt mich nach dem ohnehin schon knappen atem jappsen… doch er legt mir die hand samt messer auf den mund und drückt ihn mir zu… will der mich ersticken? nein… er geniesst meine schmerzen, stösst immer heftiger zu… mir fallen die jugendlichen vom anderen ufer des sees ein… bemerken sie, was hier gerade geschieht?…
es scheint stunden zu dauern, bis er endlich keuchend von mir ab lässt… erkalteter samen fliesst an den innenseiten meiner schenkel entlang in den schmutz… tränen laufen mir über das gesicht… der mann erhebt sich ein wenig… will er mich etwa hier liegen lassen? die haare zerzaust, der rock zerrissen… schmutzig und benutzt…
nein, er beugt sich erneut herunter, legt seinen linken zeigefinger über meine lippen und haucht mir etwas ins ohr…

er sagt: pssssst… schrei jetzt nicht… pssssst… schliess einfach die augen… schlafe ein…

und mit diesen worten bohrt er mir langsam das messer in den brustkorb… ich ringe nach luft… es geht nicht… mir wird warm… und kalt…
er zieht es langsam wieder heraus… und stösst zu… wieder und wieder… ich weiss nicht, wie oft… ich kann nicht mehr schreien, selbst wenn ich es wollte… aber ich will es auch nicht, es ist doch schliesslich alles perfekt!!!
die jugendlichen haben nichts bemerkt… und der kerl will mich offensichtlich nicht am leben lassen… endlich habe ich es geschafft… ich habe nach langer suche endlich jemanden gefunden, der mich von meinem leben erlöst!!!…

… ich war stets zu feige, es selbst zu tun… aber er… danke!!!

und plötzlich… ein geräusch… ein klingeln… was ist das? ich öffne die augen, und… mein handy… verdammt…
ich bin auf dem sofa eingeschlafen… meine freundin ruft an… kurzer small-talk…

schöner traum… nur ein traum… und jetzt?!?

… es ist samstag abend… und wieder stegt diese innere unruhe in mir hoch, wieder gehe ich in meinem zimmer auf und ab… das wochenende will nicht enden…

…also, das gleiche spiel, wie jeden samstag…

von Sinja

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