“Leben”


Es ist spät
die Kälte frisst sich
gnadenlos durch die Kleider
sie höhlt dich aus
lässt dich so fühlen
wie es tief in dir aussieht
du stehst vor
dem Stein
liest immer und immer wieder
denselben Namen
kannst es nicht fassen
willst es nicht fassen
nun haben sie dir
auch noch das genommen
was dir am meisten bedeutete
jetzt hast du nichts mehr
woran es sich zu glauben lohnte

die Finsternis
drängt sich über Gräber
in dich Sie hüllt dich ein
lässt deine Tränen
unsichtbar werden
im Dunkel der Nacht
Schluchzer quälen
ihren Weg durch deine Kehle
du möchtest schreien
und kannst nur wimmern
du möchtest verletzen
und kannst nur stumm
und wehrlos dastehen
du blickst ein letztes Mal
auf den grauen Stein
auf dem so wenig steht
und der doch
dein ganzes Leben beinhaltet

nun ist es für dich vorbei
alles, woran du so hart
gearbeitet hast
war umsonst
du bist wütend
wütend auf ihn
dass er gestorben ist
ohne deine Erlaubnis
ohne sich zu verabschieden
einfach so wütend
weil nicht du es warst
der nun dort liegt
denn du hättest es verdient
er aber war eine reine Seele
zu unschuldig
um zu sterben

dein Fixpunkt
ist nun begraben
in der kalten Erde
hier liegt er
und du begießt ihn
mit deinen stummen Tränen
der verbitterter Verzweiflung
du beißt auf deine
wunden Lippen
die bluten vom Schmerz
um nicht zu schreien
du gehst in die Knie
merkst nicht wie deine Kleider
im Dreck versinken
es ist im Grunde egal
alles
ist im Grunde egal
alles verschwimmt vor deinen Augen

du wünschtest
du hättest Flügel
und könntest zu ihm fliegen
die Welt hinter dir lassen
und ihn in deine Arme schließen
die ihn so lange nicht mehr
gespürt haben
seine Wärme
sein Leben

es beginnt zu schneien

Von Nefarius